zur Umsetzung

 

Wie kann die Netzübernahme umgesetzt werden?

Die Stadt entscheidet in den nächsten Jahren, wer zukünftig die Netze betreiben darf. Sie kann die Konzessionen für den Strom- und Gasnetzbetrieb an ein städtisches Unternehmen vergeben. Bei der Fernwärme kann sie ihr vertraglich zugesichertes, aber von Vattenfall bestrittenes Recht auf Rücknahme der Fernwärmeversorgung durchsetzen.

 

Zunächst müssen wir den Volksentscheid am 22. September gewinnen. Dann ist die Netzübernahme auch politisch gegen den Willen von Vattenfall und E.on durchsetzbar.

 

Die Konzessionen für das Stromnetz  und die Fernwärmeversorgung laufen Ende 2014 aus. Die Konzession für das Gasnetz ist zu Ende 2016 kündbar.

 

Bei Strom- und Gasnetzen ist die Stadt verpflichtet, die Neuvergabe der Konzessionen europaweit bekannt zu geben und dann ein transparentes und diskriminierungsfreies Vergabeverfahren mit den Bewerbern durchzuführen. Dazu ist sie ohnehin, auch ohne Volksentscheid, verpflichtet. Hamburg soll sich mit einem eigenen Unternehmen um die Konzessionen bewerben. Die Bürgerschaft kann die Vergabekriterien in gewissem Rahmen selber gestalten, z. B. den „kommunalen Einfluss“ hoch gewichten.

 

Mit der Vergabe der Netzkonzessionen an ein städtisches Unternehmen erhält die Stadt auch das Recht die Netzanlagen zu kaufen und zwar zu einem wirtschaftlich angemessenen Preis. Der Kaufpreis wird nach der Konzessionsvergabe zwischen dem alten und dem neuen Netzbetreiber verhandelt. Der neue Netzbetreiber kann allerdings auch schon vor Beendigung der Verhandlungen starten.

 

Bei der Fernwärme gibt es weder Ausschreibungs- noch Bekanntgabepflichten. Die Stadt hat laut Konzessionsvertrag von 1994 das Recht, die Fernwärmeanlagen 2014 zurückzunehmen. Der Eigentümer hat das Recht, ein Sondernutzungsrecht für die Wege zu bekommen.

 

Mit den Netzen gehen auch die Unternehmensteile, die jetzt bei Vattenfall und E.on die Hamburger Netze betreiben, in die Öffenltliche Hand über. Den Arbeitnehmern wird ein Übernahmeangebot gemacht. Mit ihnen bleibt das Know-How erhalten.

 

Der Kauf der Netze kann, wie auch die Minderheitsbeteiligung, durch einen Kredit von einem städtischen Unternehmen abgewickelt werden. Er wird nach und nach aus den soliden Einnahmen aus dem Betrieb der Netze und der Fernwärme bezahlt.

 

Was passiert mit der Minderheitsbeteiligung der Stadt, wenn wir den Volksentscheid gewinnen?

Nach dem Volksentscheid werden zunächst die 25,1-prozentigen Beteiligungen der Stadt an den Netzgesellschaften von Vattenfall und E.on wieder aufgelöst. Die Konzerne erhalten ihre Anteile zurück, die Stadt Hamburg die 543,5 Mio. Euro.

 

Auch der Sondernutzungsvertrag, der Vattenfall erlaubt, die Fernwärmenetze ab 2015 zu nutzen, wird laut Vertrag zwischen Vattenfall und der Stadt dann wieder aufgelöst.

 

Wenn wir den Volksentscheid gewinnen, hat der Senat überhaupt erst wieder den Freiraum, die Vergabeverfahren der Konzessionen für die Strom- und Gasnetze ordentlich zu führen und die Fernwärme zu übernehmen.

 

Ist ein kommunales Unternehmen überhaupt in der Lage, den Netzbetrieb zu bewältigen?

Wenn Hamburg die Netzgesellschaften übernimmt, macht sie ein Übernahmeangebot an die bisher bei Vattenfall und E.on Beschäftigten. Das Know-how für den Netzbetrieb bleibt also weitgehend erhalten. Nur das Management ist neu zu besetzen und muss sich den Zielen der Stadt verpflichten.

 

Übrigens: In Hamburg gibt es bereits eine Reihe kommunaler Unternehmen, die erfolgreich wirtschaften. Dazu gehören HamburgWasser, HamburgEnergie und die Hamburger Stadtreinigung. All diese Betriebe schreiben seit Jahren schwarze Zahlen.

 

Was passiert mit den Arbeitsplätzen?

Bei der Netzübernahme in dieser Größenordnung handelt es sich um eine sogenannte Betriebsübernahme. Das heißt, dass die ArbeitnehmerInnen der Netzsparten von Vattenfall und E.on ein Übernahmeangebot bekommen und mit in das neue städtische Unternehmen übernommen würden.

 

In solchen Fällen sind gesonderte Übernahmevereinbarungen üblich, in der sich die Stadt dazu verpflichtet, die Arbeitsplätze und -Bedingungen zu erhalten. Als die Abwasser- und Trinkwassersparten der Hamburger Wasserwerke fusioniert wurden, hat keinE einzigE ArbeitnehmerIn den Arbeitsplatz verloren. Dies ist Teil der städtischen Fürsorge.

 

Der Vorwurf der IG-Metall, wir würden uns nicht um die MitarbeiterInnen sorgen, ist falsch. Wir fordern in unserer Resolution: „Die bei Vattenfall und E.on Hanse Beschäftigten sind bei der Rekommunalisierung zu den gültigen Tarifbedingungen und bei Erhalt aller Arbeitsplätze zu übernehmen.“ Wir haben mehrfach Gespräche mit IG Metall, ver.di und den Betriebsräten von Vattenfall und E.on geführt, um die Arbeitnehmerinteressen einbinden zu können.

 

Experten erwarten nach und nach tatsächlich weniger Arbeitsaufwand, wenn die Netze für Strom, Gas, Fernwärme und Wasser koordiniert gewartet und repariert werden, da doppelt- und dreifaches Aufreißen der Bürgersteige vermieden würde. Dies betrifft jedoch eher das gut ausgebildete mittlere Management als die ArbeiterInnen.

 

Die Zahl der Arbeitsplätze in der Verwaltung und anderen übergeordneten Bereichen von Vattenfall Hamburg hängt natürlich auch von der Zahl der GesamtarbeitnehmerInnen ab. Durch die Netzübernahme an die Stadt würde jedoch ein städtisches Infrastruktur-Unternehmen entstehen, das auch MitarbeiterInnen für solche übergeordneten Bereiche braucht.

 

Insgesamt ist es möglich, dass mit der Zeit in Summe bei Vattenfall und dem neuen Netzbetreiber weniger Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Dass über tausend Arbeitsplätze gefährdet sein sollen, ist jedoch völlig übertrieben. Dem gegenüber steht, dass bei einer Forcierung einer regional basierten Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien andere Arbeitsplätze in Hamburg entstehen.

 

Aktuell planen Vattenfall und E.on einen Arbeitsplatzabbau von 1.500 Stellen in Deutschland. Nach dem HEW-Kauf wurden auch schon viele Arbeitsplätze abgebaut. Der Konzern droht immer wieder mit Ausgliederungen von Unternehmensteilen. Die ArbeitnehmerInnen sind auch wegen organisatorischer Umstrukturierungen, Verlagerungen und wenig betriebsinterner Informationen verunsichert. Die aktuelle Diskussion über den Verkauf der Deutschlandsparte Vattenfalls verschärft den Druck auf die ArbeitnehmerInnen.

 

Arbeitsplätze bei einem städtischen, demokratisch kontrollierten und gemeinwohlorientierten Unternehmen sind wegen des geringen Gewinndrucks beständiger als solche in einem Großkonzern, für den die einzelnen Sparten Bilanzmasse sind.

 

Drohen nach einem erfolgreichen Volksentscheid jahrelange juristische Auseinandersetzungen mit Vattenfall?

Wichtig ist zunächst, dass selbst bei juristischen Auseinandersetzungen die Versorgungssicherheit zu keinem Zeitpunkt gefährdet wäre. Rechtsstreitigkeiten sind aber möglich.

 

Können sich die Stadt und Vattenfall bzw. E.on nicht auf einen Kaufpreis einigen, geht die Klärung vor Gericht. Hierbei hat der Käufer das Recht auf den für ihn günstigen sogenannten Ertragswert. Dieser zielt darauf ab, dass der Käufer die Netze wirtschaftlich betreiben kann. Diese Verfahren dauern in der Regel unter einem Jahr.

 

Vattenfall und E.on könnten auch gegen die Vergabe der Netzkonzessionen an ein städtisches Unternehmen klagen. Diesem kann der Senat vorbeugen, indem er ein den Vorschriften entsprechendes diskriminierungsfreies und transparentes Vergabeverfahren durchführt. Die Möglichkeit, den Senat wegen des Vergabeverfahrens zu beklagen hat allerdings jedes Unternehmen, das sich um die Konzession bewirbt – auch für den Fall, dass die Konzessionen wieder an Vattenfall und E.on gehen, sollten wir den Volksentscheid nicht gewinnen.

 

Vattenfall hatte schon vor dem Volksbegehren behauptet, dass das im Konzessionsvertrag von 1994 verbriefte Recht der Stadt, die Fernwärme 2015 wieder zu übernehmen, ungülitg ist. Der vorige schwarzgrüne Senat hatte daraufhin, folgerichtig, ein Gerichtsverfahren eingeleitet, um diese Frage zu klären. Vattenfall hat allerdings als Bedingung, dass sie überhaupt über eine Beteiligung mit der Stadt verhandelt, vom Senat verlangt, den städtischen Anspruch auf Rücknahme der Fernwärme aufzugeben und die Fernwärme für immer Vattenfall zu überlassen. Der Senat hat sich darauf eingelassen, das Gerichtsverfahren ruht. Bevor die Stadt nach einem gewonnenen Volksentscheid die Fernwärme übernehmen kann, muss also erst noch das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wieder aufgenommen werden.

 

Die Chancen stehen gut, immerhin steht das Recht der Stadt schwarz auf weiß im Konzessionsvertrag. Lieber eine gerichtliche Auseinandersetzung und dann ist die Fernwärme wieder unsere, als dass Vattenfall das Fernwärme-Monopol einfach für immer behält.

 

Der Prozess der Netzübernahme und die möglichen rechtlichen Auseinandersetzungen mögen ziemlich aufwändig erscheinen. Hierbei sei daran erinnert, dass ein großer Teil des Aufwands ohnehin betrieben werden müsste und dass es vom Verhalten der Konzerne abhängt. Das Recht zur Netzübernahme und auf einen günstigen Kaufpreis steht auf Seiten der Stadt. Viele, auch kleine Kommunen, haben die Rekommunalisierung schon durchgeführt und sich den rechtlichen Auseinandersetzungen gestellt und gewonnen. Die Netzübernahme lohnt sich. Es geht um die Unabhängig in der Energiepolitik, es geht um die soliden Einnahmen im Netzgeschäft und es geht auch darum, die Fernwärmekunden vom Monopol zu befreien.

Darf die Stadt bei der Konzessionsvergabe überhaupt ein eigenes Unternehmen bevorzugen?

Hamburg muss das Verfahren zur Neuvergabe der Konzessionen diskriminierungsfrei und transparent durchführen. Sie muss während der Bewerbungsphase mit allen Unternehmen gleich umgehen. Bei der Entscheidung, wer die Konzession bekommt, muss die Stadt zwar streng netzbezogene Qualitätsmaßstäbe beachten. Hamburg darf aber auch die Kriterien, die der neue Netzbetreiber erfüllen muss, mitbestimmen. Ein wichtiger Punkt kann dabei der „kommunale Einfluss“ sein. Wenn man diesen bei der Vergabe hoch gewichtet, erhält die Hansestadt die Nutzungsrechte. Die Möglichkeit, so vorzugehen, ergibt sich aus dem Grundgesetz → Artikel 28 Absatz 2 zur kommunalen Selbstverwaltung und wird durch aktuelle Urteile gestützt.

 

Bei Fernwärme ist übrigens kein Vergabeverfahren notwendig. Das Recht zur Rücknahme ergibt sich aus dem Konzessionsvertrag von 1994, § 10. „Im Falle der Nichtfortsetzung des Vertragsverhältnisses hat die Stadt ferner das Recht und die Pflicht, das für die Versorgung der Stadt mit Fernwärme verwendete Fernwärmeleitungsnetz der HEW und die für die Versorgung der Stadt mit Fernwärme betriebenen Erzeugungsanlagen (einschließlich der in Kraft-Wärme-Kopplung) der HEW sowie die damit in direktem Zusammenhang stehenden Grundstücke und sonstigen Gegenstände zu erwerben.“