Ben Schlemmermeier von der LBD Beratungsgesellschaft, einer der renommiertesten Netzwirtschaftsexperten Deutschlands, bei der Veranstaltung „Rückkauf: bezahlbar, machbar, sinnvoll!“ am 20. August:
Hamburg stehen mit dem Rückkauf der Energienetze jährlich ca. 50 Millionen Euro Überschuss nach Zinsen zur Verfügung. Was sie damit macht, ist eine politische Entscheidung: Kredit tilgen, Kitas oder Schulessen…
Grundlage der Rechnung ist der Kaufpreis von 543 Mio Euro, den die Stadt 2012 für die Viertelbeteiligung gezahlt hat, unter der Annahme, dass er angemessen war, also dem sogenannten Ertragswert der drei Netze entspricht. Außerdem wurde die bei Netzen übliche Eigenkapitalrendite von 9 % angesetzt. Mehr Info hier: „So rechnen sich 100 % Netzkauf“ (Ben Schlemmermeier)
Definition Ertragswert auf Wikipedia: „Der Ertragswert stellt den Wert zukünftiger Einnahmen einer Investition zum heutigen Zeitpunkt dar. Für die Berechnung des Ertragswertes müssen zukünftige Einnahmen geschätzt und diskontiert werden.“
Herr Schlemmermeier weiter:
Geringes Risiko bei Netzen
Das Risiko bei Energienetze sei sehr gering. Es könne höchstens passieren, dass sich die Grundlagen für die Berechnung der Netzentgelte ändern, also eine politische Entscheidung. Das Ziel der Regulierung sei aber gerade, dass die Netze stabil bewirtschaftet werden können. Auch die Investitionen in die Netze sind kein Problem. Erstens gibt es auch dafür Räume in den Netzentgelten, zweitens werden Neuinvestitionen mit höheren Renditen belohnt, und drittens werden die Zinsen, die für Investitionskredite gezahlt werden müssen, in die Netzentgelte eingerechnet.
Vorteile durch steuerlichen Querverbund
Organisiert Hamburg den Rückkauf wie auch die 25,1% Beteiligung über die HGV, kann sie über den steuerlichen Querverbund Steuern sparen, indem sie völlig legal die Gewinne im Netzbereich mit Verlusten in anderen Bereichen, z. B. Schwimmbädern, gegenrechnet. Diese Einsparung kann z. B. zur Tilgung des Kredits herangezogen werden.
Vorschlag für Unternehmensmodell: Netzbetrieb sicher stellen und und Konzession gewinnen
Herr Schlemmermeier schlägt, wie auch ähnlich der Verband Kommunaler Unternehmen und die Wirtschaftsberater Rödl + Partner, ein Unternehmensmodell für städtischen Netzübernahmen vor. Kernpunkte sind die Trennung des Eigentums an den Netzen und des Netzbetriebs in zwei Gesellschaften. Das Eigentum wäre zu 100 % städtisch, der Netzbetrieb mehrheitlich städtisch mit der Beteiligung eines erfahrenen Netzbetreibers. Mit einem solchen Konstrukt könne sich das städtische Unternehmen mit hoher Aussicht auf Erfolg um die Strom- und Gasnetzkonzessionen bewerben, da die Fähigkeit zum Betreiben eines Netzes deutlich sichergestellt wäre. Diese könne mit der Erfahrung von Hamburg Wasser und der Übernahme der NetzmitarbeiterInnen von Vattenfall und E.on noch gestärkt werden.
Mit so einem Modell wäre laut Schlemmermeier viel gewonnen. Das Eigentum wäre zu 100 % in städtischer Hand und beim Netzbetrieb wären die Mehrheitsverhältnisse im Vergleich zu heute zum Vorteil der Stadt umgekehrt.
Aus Sicht der Initiative ist dies ist eine Alternative, über die es sich zumindest lohnt nachzudenken, wenn der Volksentscheid gewonnen ist.
Gutachten_Rekommunalisierung_FHH_Roedl_Partner, Folie 14
VKU_Ratgeber Konzessionsvertraege-1, S. 76
Gewinne Rückkauf Schlemmermeier 20 08 2013, Folie 14
Schluss mit der politisch motivierten Panikmache
Die Diskussion, die hier in Hamburg von Seitens des Senats forciert wird, sei für ihn nicht mehr nachvollziehbar. Sie sei nicht mehr sachlich, sondern nur von politischen Interessen geleitet. Statt ohne jeden Anlass Panik um die 2 Mrd. Euro zu machen, solle es lieber heißen: Kabel schaffen Kitas! So sieht es auch Prof. Dr. Claudia Kemfert, Expertin für Energiewirtschaft, im Interview mit der Energienetz Hamburg eG. Die Netze würfen Gewinne ab, mit diesen sei es möglich, die Sozialausgaben zu erhöhen. Eben auch für Kitas und Schulen.
Herr Schlemmermeier hat für seinen Beitrag kein Honorar verlangt. Er hält es für wichtig, die HamburgerInnen in dieser Sache aufzuklären.