Ist die Unterschrift unter den Kaufvertrag für die Stromnetzgesellschaft und die Option auf die Fernwärme insgesamt positiv zu bewerten?
Die Verträge sind ein wichtiger Schritt. Mit dem ehemaligen Vattenfall-Stromnetzbetrieb in städtischer Hand kann Hamburg den Wettbewerb um die Stromnetzkonzession ziemlich sicher gewinnen und damit dauerhaft das Eigentum am Stromnetz behalten. Die Konzession wird zum 1.1.2015 in einem allen Bewerbern gegenüber fairen Verfahren von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt neu vergeben.
Auch bei der Fernwärme hat sich die Situation verbessert, da die Stadt jetzt ganz klar das Recht hat, die Fernwärme zu übernehmen. Allerdings nicht sofort, sondern erst zu 2019. Bisher hatte Vattenfall dieses Recht aus dem Konzessionsvertrag von 1994, damals noch zwischen der HEW und der Stadt, bestritten. Diese Frage hätte erst gerichtlich geklärt werden müssen. Um zu bewerten, ob die Verträge im Einzelnen gut für Hamburg sind, müssten sie erst mal veröffentlicht werden.
Sind die Kaufpreise von mindestens 495 Mio € für das Stromnetz und 950 Mio € für die Fernwärme nicht zu hoch?
Ein zu hoher Kaufpreis würde die Netzübernahme auf Jahre belasten und auch den Spielraum für Klimaschutz-Investitionen in die Netze verkleinern, hoffentlich nicht unmöglich machen. Ob die vereinbarten Mindestkaufpreise zu hoch sind, können wir allerdings erst wissen, wenn die Gutachten erstellt sind. Skeptisch sind wir schon.
Der Kaufpreis soll auf Basis der zu erwartenden Erträge errechnet werden, an sich eine akzeptable Methode, denn prinzipiell kommt dabei ein wirtschaftlich tragfähiger Preis heraus. Allerdings nur, wenn die zukünftig notwendigen Investitionen und faire Preise einberechnet werden, hier ist gerade bei der Fernwärme richtig viel Musik drin.
Der FDP-Abgeordnete Sönke Kluth hat in der „Aktuellen Stunde“ am 22. Januar allerdings eine interessante Geschichte erzählt, deren finanzielle Auswirkungen noch geprüft werden müssen. Die Stadt löst beim Stromnetzkauf zusätzlich zum Kaufpreis auch einen 243 Mio € Kredit ab, den Vattenfall als Mehrheitseigentümerin kürzlich konzernintern an die Stromnetz Hamburg GmbH gegeben hat. Kurz davor habe Vattenfall allerdings mehr als 300 Mio € Eigenkapital aus der Gesellschaft entnommen und an den Konzern überführt.
Die Übernahme der Fernwärme ist auf das Jahr 2019 verschoben worden. Warum ist das so vereinbart worden?
Der Senat gibt an, Vattenfall müsse Steuerbeträge wegen Spekulation im dreistelligen Millionenbereich zahlen, wenn sie das Wärmegeschäft vor 2019 veräußert, die wiederum auf den Kaufpreis aufgeschlagen würden. Hier muss der Senat noch genauer aufklären. Außerdem könne die Stadt erst mal die Entwicklungen beim Gaskraftwerk Wedel abwarten.
Mehr Sorge macht uns, dass der Senat nur das Recht vereinbart hat, die Wärmegesellschaft zu 2019 zu übernehmen, nicht einfach die definitive Übernahme. Jetzt hängt die Erfüllung der Volksentscheidung davon ab, ob der Senat und die Bürgerschaft der nächsten Legislatur in 2018 das Recht auch nutzen. Sie sind zwar auch an die Volksentscheidung gebunden, aber wer weiß? Was ist, wenn der Ertragswert 2018 wesentlich niedriger als der Mindestkaufpreise ausfällt? Der Senat soll erklären, wie er jetzt schon sicherstellt, dass die Fernwärme auch tatsächlich an die Stadt geht.
Wie kann ein Stillstand für eine klimaschonende Wärmeversorgung verhindert werden?
Bei der Fernwärme muss der Senat seinen angeblich so bedeutenden Einfluss über die 25,1%-Beteiligung, die erst mal fortbesteht, nutzen. Die Wärmegesellschaft soll in den Jahren bis zur Übernahme ordentlich in einen langfristig klimaschonenden Umbau der Fernwärme-Versorgung investieren. Wärme ist ein wichtiger Schlüssel für Klimaschutz und außerdem kommen wir mit jeder sinnvollen Investition dem Mindestkaufpreis als akzeptablem Preis näher.
Allerdings stehen offensichtlich nur die beiden Alternativen: Neubau eines großen Gaskraftwerks oder Ertüchtigung des alten Kohlekraftwerks in Wedel im Raum. Letzeres geht gar nicht, ersteres ist auch keine gute Lösung, um die Wärmeversorgung langfristig effizienter und klimaschonender zu gestalten. Dafür gibt es bessere Möglichkeiten. Vor einer Investitionsentscheidung über mehrere Millionen Euro, die für Jahrzehnte Fakten schafft, braucht Hamburg ein vernünftiges Wärmekonzept für Klimaschutz und faire Preise.
Auch ein zukunftsfähiges Hamburger Wärmegesetz vor 2018, das u. a. die Öffnung des Netzes für weitere Wärmeanbieter beinhaltet, wäre sowieso, aber auch für einen Ertragswert, der sinnvolle Entwicklungen im Wärmemarkt einrechnet, sehr sinnvoll. Senat und BÜrgerschaft sollen jetzt beweisen, dass sie mit dem Volksentscheid unabhängig von den Interessen Vattenfalls und E.ons geworden sind und die Gestaltung der Energiepolitik endlich wieder in ihre politische Hand nehmen.
Kann man sagen: „Die Rekommunalisierung ist geschafft“?
Der Volksentscheidung ist noch nicht umgesetzt. Was die Eigentumsübernahme angeht, sieht es bei Strom ganz gut aus, bei Fernwärme muss die Option gezogen werden, Gas ist noch offen. Vor allem müssen auch unsere Forderungen nach einer demokratisch kontrollierten, sozial gerechten Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien erfüllt werden. SPD Fraktionschef Andreas Dressel hat in der Ausschusssitzung am 8. Januar noch freimütig erklärt, die SPD wäre für eine Diskussion um Bürgerbeteiligung bei der demokratischen Kontrolle offen. Bei der „Aktuellen Stunde“ am 22. Januar ruderte er zurück und behauptete die demokratische Kontrolle wäre durch den parlamentarischen Ausschuss für öffentliche Unternehmen ausreichend abgedeckt. Hier muss mehr passieren.
Was sind die nächsten Schritte, die jetzt von den Befürwortern des Volksentscheides angegangen werden sollten?
Wir müssen weiterhin politischen Druck ausüben:
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