Vattenfall hat um das Jahr 2000 die Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) gekauft, E.on kaufte HeinGas. Die städtischen Verteilnetze für Strom, Gas und Fernwärme sind damit in privater Hand. Hamburg hat sich 2012 mit nur 25,1% an den Verteilnetzen beteiligt. Die Stadt hat für viel Geld lediglich das Vetorecht gekauft. Zu wenig, um zu gestalten. Jetzt hat Hamburg die Chance, die Netze komplett zurückzukaufen. Warum soll die Stadt das tun?
Hamburg kann vom Rückkauf der Netze – unter anderem – finanziell profitieren. Jeder Einwohner ist darauf angewiesen, die Energienetze zu nutzen und muss dafür zahlen. Dann sollen die Gewinne aus dem Netzbetrieb und der Wärmeversorgung auch in der Hansestadt bleiben.
Der Netzbetrieb bei Strom und Gas bringt solide Einnahmen. Allein mit den Strom- und Gasnetzen nehmen Vattenfall und E.on jährlich 450 Millionen Euro an Netzentgelten ein. Die Bundesnetzagentur, welche die Netzentgelte aller Netzbetreiber reguliert, erlaubt eine Eigenkapitalrendite von 7 bis 9 %. Real schaffen die großen Netzbetreiber, zu denen Vattenfall und E.on gehören, laut Bundesnetzagentur Renditen zwischen 10 und 25 Prozent. Bei der Wärmeversorgung gibt es sogar hohe Profite. Der Gewinn im Vattenfall-Fernwärme-Monopol lag 2009 bei mehr als 100 Millionen Euro.
Deshalb wehren Vattenfall und E.on sich gegen den Rückkauf: Sie wollen weiterhin das Geschäft mit der Energie kontrollieren. Wir aber sind der Ansicht, dass Gewinne aus lokalen Energienetzen in die Stadtkasse gehören. Damit stehen wir nicht alleine da. Bundesweit haben bereits 170 Kommunen ihre Netze übernommen.
Um den Rückkauf zu finanzieren, kann ein städtisches Unternehmen einen günstigen Kommunalkredit aufnehmen und diesen über die Jahre aus den Einnahmen abzahlen. Der Hamburger Haushalt würde also nicht belastet.
Bereits 2012 ist der Senat ähnlich vorgegangen: Da ging es um 543,5 Millionen Euro für den Kauf einer Netzbeteiligung von 25,1 Prozent. Wie dieser Kaufpreis zustande kam, ist allerdings bis heute unklar. Entweder hat der Senat gut mit Vattenfall und E.on verhandelt – dann kann er die Berechnungen auch für die 100-prozentige Übernahme heranziehen. Oder aber die Beteiligung war überteuert. In dem Fall müsste die Stadt den Kaufpreis neu verhandeln.
Das bedeutet: Der Preis für die Netzübernahme steht noch nicht fest. Sicher ist nur, dass der neue Betreiber laut Gesetz und Rechtsprechung das Recht hat, die Netze zu einem wirtschaftlich angemessenen Preis zu erwerben, dem so genannten Ertragswert.
Licht an, duschen, heizen: Die Versorgung mit Strom und Wärme gehört zu unserem Alltag, ist Teil der Grundsicherung der Bevölkerung. Deshalb darf ihre Ausgestaltung nicht dem Interesse einzelner, rein profitorientierter Konzerne untergeordnet werden. Bei der Fernwärme sind die Kunden dem Vattenfall-Monopol ausgeliefert. Es gibt keinen Wettbewerb und die Preisgestaltung ist nicht transparent. Daran ändert auch die 25,1-prozentige Beteiligung Hamburgs am Fernwärmegeschäft nichts.
Ein kommunaler Netzbetreiber wie die Stadt Hamburg unterliegt der demokratischen Kontrolle und ist dem Gemeinwohl verpflichtet. Hierzu gehören faire Netzentgelte und angemessene Fernwärmepreise ebenso wie gesicherte Arbeitsplätze. Die Stadt kann mit den Netzen auch die Arbeitskräfte und damit das Fachwissen der bisherigen Betriebe übernehmen.
In Hamburg können die Bürgerinnen und Bürger die öffentlichen Unternehmen in Zukunft auch selber kontrollieren. Diese sind nach dem Transparenzgesetz verpflichtet, ihre Geschäftstätigkeit und Preisgestaltung offenzulegen.
In den nächsten beiden Jahrzehnten wird sich die Energieversorgung von Grund auf ändern. Wir wollen das Klima schützen, Kohle und Öl werden knapp. Die Energiewende ist nicht nur eine technische, sondern auch eine wirtschaftliche und soziale Herausforderung. Wir brauchen eine starke öffentliche Hand, die die Energiewende mit und für die Bürgerinnen und Bürger gestaltet. Ohne Profitzwang können die unterschiedlichen Interessen viel besser abgewogen werden. Die Stadt selbst hat schließlich das stärkste Interesse an einer hohen Versorgungssicherheit, einer zuverlässigen und kostengünstigen Energieversorgung für ihre BürgerInnen und Unternehmen.
Die 25,1%-Beteiligung an den Vattenfall- und E.on-Netzen hingegen macht Hamburg von den Konzernen abhängig und sichert lediglich deren Marktmacht.
Mit der vollständigen Übernahme der Verteilnetze kann Hamburg seine Energiepolitik endlich wieder selber gestalten. Das ist mit Blick auf die lange Laufzeit der neuen Verträge besonders wichtig: Die Entscheidung, wer jetzt die Netze bekommt, gilt für 20 Jahre, bei der Fernwärme sogar für immer. In diesen 20 Jahren müssen wir die Energiewende größtenteils geschafft haben, auch in Hamburg. Mit dem Volksentscheid können wir die Weichen für mehr Klimaschutz stellen und verhindern, dass die Fernwärme unwiderruflich an Vattenfall fällt.
Die lokalen Verteilnetze spielen eine entscheidende Rolle für eine sichere Versorgung aus nahezu 100 % erneuerbaren Energien. Die Netze sind nicht nur “dumme” Kabel und Rohre. Über sie wird zukünftig ein gutes Zusammenspiel der vielen Erzeugungsanlagen, der Speicher und der Verbraucher organisiert. Besonders in der Fernwärme gibt es große Klimaschutzpotentiale. Mit allen drei Netzen in einer Hand, am besten noch mit den Wassernetzen, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten für innovative Lösungen. Zu guter Letzt braucht Hamburg die Netze auch, um überhaupt über die notwendigen Daten für ein vernünftiges Energiekonzept zu verfügen.
Die Hansestadt ist aber nur mit 25,1 Prozent an den Netzgesellschaften beteiligt. Den großen Rest besitzen Vattenfall und E.on. Diese setzen ihren Schwerpunkt im In- und Ausland nach wie vor auf Kohle- und Atomstrom. Deshalb haben sie auch kein wirtschaftliches Interesse an einer konsequenten Energiewende, vor allem wenn sie von den Bürgerinnen und Bürgern getragen wird. Die schwerfälligen Atom- und Kohlekraftwerke passen einfach nicht zu Sonne und Wind. Der Einfluss Hamburgs auf die Konzerne reicht nicht aus, um deren Kurs zu ändern.
Hamburg hat sich mit der Minderheitsbeteiligung von Vattenfall und E.on abhängig gemacht. Das Energiekonzept, das der Senat 2012 mit Vattenfall und E.on vereinbart hat, stärkt lediglich die Marktmacht der Konzerne. Die vereinbarten Maßnahmen im Umfang von 1,6 Mrd. Euro in sechs Jahren hätten größtenteils sowieso durchgeführt werden müssen (1,5 der 1,6 Mrd. Euro). Was fehlt sind jegliche Beteiligung und Mitsprache der BürgerInnen und der Ausbau erneuerbarer Energien. Die Energiewende geht jedoch nur mit den Bürgerinnen und Bürgern.
Seitdem Hamburg mit Vattenfall und E.on verbandelt ist, geht es mit der Klimaschutzpolitik bergab. Das ehemalige Ziel, bis 2020 40 % weniger CO2 auszustoßen, wurde auf nur ca. 30 % abgesenkt. Der Masterplan Klimaschutz, der ursprünglich als ambitionierter Rahmenplan für die Klimapolitik in Hamburg gedacht war, ist jetzt nur noch eine Verpackung für die Energiekonzepte von Vattenfall und E.on.
“Wir gestalten Hamburgs Energiewende” propagiert Vattenfall im Business TV des Senders Hamburg1. Nein danke. Die überlassen wir lieber dem Senat, der Bürgerschaft und den Bürgerinnen und Bürgern selbst. Gewinnen wir den Volksentscheid, wird die städtische Minderheitsbeteiligung an den Vattenfall- und E.on-Netzen zunächst wieder aufgelöst. Mit der vollständigen Übernahme der Hamburger Energienetze in die öffentliche Hand erlangt Hamburg endlich wieder die Gestaltungsfreiheit und die Mittel für eine eigenständige Energiepolitik im Sinne der BürgerInnen und des Klimas.
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